Überkreuzbewegungen

Warum Überkreuzbewegungen wichtig sind, warum sie nicht jedem gelingen und was dann helfen kann

Sie sind ein Klassiker in der Kinesiologie – die Überkreuzbewegungen. Egal, ob ein Kind, ein Jugendlicher oder ein Erwachsener zu mir kommt, fast immer machen wir anfangs diese Übung.

Die Überkreuzbewegungen wurden zur Zeit der aufkeimenden Kinesiologie in den Achtzigerjahren sehr populär. Mittlerweile gibt es sie nicht nur in verschiedenen kinesiologischen Richtungen. Sie haben auch ihren Weg gefunden in verschiedene Methoden außerhalb der Kinesiologie. So entwickelten sich aus der Sportwissenschaft heraus oder im Coachingbereich verschiedene Systeme, die Überkreuzbewegungen in allen Varianten zur Lern- und Leistungssteigerung einsetzen.

Überkreuzbewegungen in der Praxis

Ich verwende Überkreuzbewegungen in meiner Praxis aus zwei Gründen. Der erste ist, dass ich wie viele andere Anwender auch positive Erfahrungen mit ihnen gemacht habe. Überkreuzbewegungen in allen Variationen können Konzentration und Aufmerksamkeit steigern. Wenn wir uns wenige Minuten Zeit zu Beginn einer Lerneinheit dafür nehmen, so können wir danach umso effektiver arbeiten. Dieser Effekt erklärt sich durch die gleichzeitige Aktivierung beider Großhirnhemisphären. Sich entsprechende Bereiche haben auf der rechten und der linken Seite unterschiedliche, sich häufig ergänzende Aufgaben. Es kennt ja mittlerweile jeder das idealisierte Modell von rechter und linker Hirnhälfte. Es ist natürlich stark vereinfacht, hat aber einen wahren Kern.

Die Sprachzentren sind meistens links

Beispielsweise wird bei den meisten Menschen Sprache überwiegend mit der linken Hirnhälfte verarbeitet. Dies ist bei 95% der Rechtshänder der Fall. Für Linkshänder gibt es viele unterschiedliche Angaben. Bei den meisten von ihnen scheint die Spezialisierung der Sprache ebenfalls links zu liegen oder weniger ausgeprägt zu sein. Nur bei 20 bis 30% von ihnen ist die Sprachorganisation gegengleich auf der rechten Seite. Ist die linke Seite sprachdominant, so werden dort Wörter, besonders abstrakte Begriffe verarbeitet. Ohne die Gegenseite, die die Sprachmelodie analysiert, würde jedoch niemand das Gesprochene wirklich verstehen. Derartige Spezialisierungen gibt es auch für unzählige andere Bereiche.

Aufgrund dieser Spezialisierungen, auch Lateralisierung genannt, ist es wünschenswert, wenn die Informationen schnell von einer Hirnhälfte zur anderen gelangen können.

Die nötige Verbindung zwischen der linken und der rechten Großhirnrinde bildet das Corpus callosum, auch Balken genannt.Es ist ein kräftiges Faserbündel, dessen Nervenfasern beide Seiten verbinden. Überwiegend, aber nicht ausschließlich wird immer ein Bereich auf der einen Seite mit dem entsprechenden Bereich auf der anderen Seite verbunden. Viele dieser Bereiche steuern die Motorik und deshalb werden die Verbindungen durch Überkreuzbewegungen trainiert. Sind diese Übungen abwechslungsreich und stellen eine gewisse Herausforderung dar, aktivieren sie auch Bereiche, die mit Aufmerksamkeit und Motivation zu tun haben.

Leider habe ich in den letzten Jahren vor allem sehr viele Schulkinder erlebt, die durch die scheinbar leichten Überkreuzbewegungen schnell gestresst waren und häufig deshalb eine regelrechte Ablehnung aufgebaut haben. In solchen Situationen ist es aus meiner Sicht kontraproduktiv, diese Bewegungen trainieren zu lassen. Stattdessen verwende ich in solchen Fällen derartige Übungen nur ganz gezielt und mit einem anderen Hintergrund.

Denn der zweite, mittlerweile wichtigere Grund, weshalb ich Überkreuzbewegungen verwende, besteht darin, dass sie mir sehr hilfreiche Informationen über den Klienten liefern. Fallen diese Bewegungen schwer, müssen Klienten oft erst überlegen, welches Knie eine Hand berühren soll, und greifen auch schon mal daneben. Häufig sind Kompensationen zu sehen. Dann werden meistens Oberkörper und Arme steif in einer Position gehalten und die Bewegung nur mit den Beinen ausgeführt. Auf diese Art wird jedoch immer nur eine Körperseite im Wechsel mit der anderen bewegt und nicht beide gleichzeitig. Wenn ich solche Beobachtungen mache, geben sie wertvolle Hinweise für die weitere Arbeit.

So könnte die kindliche Entwicklung zu einem Thema werden, denn sie ist verknüpft mit den gut funktionierenden Nervenbahnen des Corpus callosum.

Wie entwickeln sich diese Verbindungen?

Beim Neugeborenen sind noch nicht sehr viele Verbindungen vorhanden. Auch die Myelinschicht, eine Art Isolation um die Nervenbahnen herum, ist noch wenig entwickelt. Deshalb kann ein Säugling seine Bewegungen am Anfang auch so wenig kontrollieren und bewegt sich eher reflexgesteuert. In den ersten Lebensmonaten nehmen die Nervenbahnen zu und die Myelinschicht wird immer stabiler, denn je häufiger eine Nervenbahn genutzt wird, umso mehr wird sie isoliert. Dadurch wiederum leitet sie die Nervenimpulse immer schneller weiter. Verläuft die kindliche Entwicklung optimal, so ist ein stark myelinisiertes Corpus callosum und eine ausgeprägte Spezialisierung von rechter und linker Hirnhälfte das Ergebnis. Die frühkindliche Krabbelphase ist dabei ein Meilenstein.

In der Praxis könnte es unter diesem Gesichtspunkt beispielsweise angezeigt sein, an einem frühkindlichen Reflex zu arbeiten, der noch nicht vollständig integriert ist.

Die kinesiologische Balance der Rechts-links-Verbindungen

Eine andere Möglichkeit ist, dass eine kinesiologische Balance des Corpus callosum der weitere Weg ist. Über bestimmte Akupunkturpunkte lassen sich diese Nervenbahnen und ihre Umgebung ansprechen und vorhandener Stress kann sich durch den Muskeltest zeigen. Manchmal gibt es auch Hinweise auf blockierende Erlebnisse oder Emotionen, die dann zum Thema einer kinesiologischen Balance werden können.

Als Ergebnis dieser Arbeit fallen die Überkreuzbewegungen meist viel leichter als zuvor. Man sieht ihnen an, dass sie nun automatisch ausgeführt werden. Eltern staunen häufig, wenn sie die Bewegungen ihrer Kinder vor und nach einer Sitzung beobachten. Menschen allen Alters profitieren stärker von stressfreien Überkreuzbewegungen, die ihnen im Alltag auch eine gute Selbsthilfe sein können.

Themen, an denen ich bisher in dieser Art erfolgreich gearbeitet habe, waren unter anderem

  • Unklarheit bzgl. der Rechts- oder Linkshändigkeit von Schulanfängern
  • Schwierigkeiten beim Lesenlernen
  • Probleme mit der visuellen Wahrnehmung
  • Körperliche Ungeschicklichkeit
  • Kognitive Leistung

Eine gute Gehirnintegration ist nicht nur ein Erfolgsfaktor, sondern auch ein Gewinn an Lebensqualität.

Diesbezügliche Fragen per Kontaktformular oder Telefon beantworte ich gerne.